Der Sieg der weißen Riesen

Es ist eine Tragödie: Von der nächsten Saison an wird es in Berlin untersagt sein,  mit Sportbooten Skippertouren anzubieten.

Der Tagesspiegel formuliert es vorsichtig: Es dränge sich durchaus der Verdacht auf,  „dass die Verordnung vor allem darauf abzielt, lästige Konkurrenz loszuwerden.“ Nun, das ist sowas von offensichtlich, dass es geradezu unappetitlich ist. So wie sich viele Schiffsführer auf dem Wasser gebärden, so tut es die Fahrgastschiff-Lobby offensichtlich in der Politik. Ellenbogen ausfahren und die anderen an die Wand drücken. Und das Ramsauer-Ministerium spielt mit.

Klar, es war immer schon eine rechtliche Grauzone, wenn mit klassischen Booten oder Yachten Touren angeboten wurden. Aber es wurde geduldet und eine Menge Leute hatten eine Menge Spaß. Mit so einem Schiff zu fahren war eine der vielen besonderen Möglichkeiten, die unsere Stadt so interessant machen. Manches klassische Boot konnte auf diese Weise überhaupt erst erhalten werden. Und nicht zuletzt: gar nicht so Wenige verdienten damit ihren Lebensunterhalt. Unfälle? Verletzte? Probleme? Fehlanzeige.

Tja, das war’s dann wohl. Tschüss Aida, tschüss Graf von Seestern, tschüss Condor, tschüss all ihr anderen individuellen, charaktervollen Boote, die ihr alle eine Geschichte erzählen könnt. Ihr seid in Berlin nicht mehr erwünscht. Große weiße Ausflugsschiffe, fade wie Plattenbauten, werden euren Platz einnehmen. Weil eine einflussreiche Lobby es so will.

Update 15.3.13: Nach Protesten der Betroffenen wurde die Verordnung jedenfalls für 2013 erst einmal wieder zurückgenommen (mehr dazu im Tagesspiegel). Aber ganz ist die Sache nicht vom Tisch. Ich könnte mir vorstellen, dass am Ende ein ziemlich übler Kompromiss stehen wird, bei dem nur einige größere Anbieter glimpflich davon kommen. Aber warten wir’s ab.

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4 Responses to “Der Sieg der weißen Riesen”

  1. Peter Lüsse sagt:

    hieße das im Grunde, auch mit einer kleinen Sloep wären keine Gästetouren durch Berlin mehr erlaubt?

    Rein rechtlich ist eine Sloep ja ein Sportboot, oder gibt es da Ausnahmen?

  2. […] und wie sie heißen sollen als imperiale Truppen mit ihren Schlachtschiffen die Seeherrschaft über die Spree zukünftig allein genießen und nicht die kleinen, bunten Boote, die sich so auf den Berliner Gewässern auch noch tummeln. So […]

  3. Hansjoerg sagt:

    @Peter Lüsse: Ja, das heißt es. Wie gesagt, das war schon immer eine Grauzone, u.a. auch weil der Skipper für die gewerbliche Personenbeförderung eigentlich ein Binnenschifferpatent haben müsste.

    Uns betrifft es nicht (mehr), weil wir nur noch an Selbstfahrer verchartern. Wer keinen Führerschein hat und trotzdem ein Boot bei uns mieten will, muss sich selbst einen Skipper heuern. Wir können bei der Suche natürlich ein bisschen helfen, halten uns ansonsten aber raus. Das kommt im Jahr ein oder zwei Mal vor, ist für uns also im Prinzip nicht von Bedeutung.

    Vielleicht funktioniert dieses Modell auch bei anderen Unternehmen. Diejenigen, die bisher davon lebten, ihr eigenes Boot mit Gästen durch die Stadt zu kutschieren, können sich jetzt aber am Jobcenter anstellen.

  4. JuG sagt:

    … man könnte doch als Traditionsschiffeigner einen Verein zur Unterstützung des Schiffes „XY“ gründen und weiterhin Fahrten unternehmen. Die Tickets der Fahrgäste wären in diesem Falle z.B. „4-Stunden-Vereinsmitgliedschaften“.
    Das ist nicht unsere Idee, sondern die unserer Hausjuristen, denen ich den Blogbeitrag zeigte!
    Schlimm genug, dass man solche Winkelzüge erdenken muss. Berlin macht sich an dieser Stelle kaputt.
    Insgesamt scheint man auf lange Sicht keinerlei Sportschiffahrt im inneren Berlin mehr haben zu wollen. Erst führt man die Funkpflicht für Spobos auf den Spreebögen ein und nun das.
    Vielleicht sollten sich zumindest die Charterfirmen solidarisieren und eine eigene Lobby den SpoBo-Gegnern entgegensetzen?! Gruß JuG