Posts Tagged ‘Gedanken’

Schleusen wie Gott in Frankreich?

Donnerstag, August 30th, 2018

Vor kurzem vermeldete ELWIS:

„Verbot des Schleusens von sogenannten Stand-Up-Paddle-Boards

Seit dem 10. August 2018 ist das Schleusen von solchen Gegenständen verboten, auf denen kein sitzender Aufenthalt von Personen möglich ist, keine Festmacheeinrichtung und keine Absturzsicherungen gegen das Überbordgehen von Personen vorhanden sind. Hiervon sind insbesondere sogenannte Stand-Up-Paddle-Boards erfasst, die damit künftig im Bereich von Schleusen an Binnenschifffahrtsstraßen umgetragen werden müssen. Ein Betretungsrecht der Schleusenbereiche ist hiermit nicht verbunden.“

Mit dem Stand-Up-Paddle-Board in der Schleuse? Das ist mit Sicherheit keine gute Idee. Wer schon mal weit vorne in der Schleusenkammer aufgeschleust hat, weiß das. Das Wasser läuft mitunter so schnell ein, dass es selbst mit 2 Leinen manchmal stressig wird, ein kleineres Boot sicher in der strudelnden Strömung zu  halten. Und so etwas mit einem SUP? Ohne Leinen, ohne richtige Möglichkeit sich festzuhalten? Nein, die Dinger haben in Schleusen wahrhaftig nichts zu suchen. Sicherheit geht vor.

Der letzte Satz der Meldung allerdings hat mich nachdenklich gemacht. Wenn man beim Umtragen nicht auf das Schleusengelände darf, wird das an vielen Orten ein weiter Weg und ganz schön kompliziert. Nun ja, das Stehpaddeln mag eine vorübergehende Modeerscheinung sein und es gibt ja ausreichend lange schleusenfreie Strecken, wo man diesen Sport ungehindert ausüben kann.

In Deutschland sind Schleusengelände mit ganz wenigen Ausnahmen nun einmal sorgfältig abgeschirmte Bereiche, die von niemandem außer dem Schleusenpersonal betreten werden dürfen. Aber warum ist das eigentlich so? Klar, Sicherheit geht vor. Es könnte ja jemand in das Schleusenbecken fallen und das kann gefährlich werden. Andererseits, nun ja, wie groß ist dieses Risiko wirklich? Ich meine, auf eine vielbefahrene Straße zu stolpern ist mindestens so gefährlich, trotzdem darf man die Bürgersteige an deren Rändern betreten.

Schleusenleben am Canal du Nivernais

Aus Frankreich kenne ich das anders. Dort sind jedenfalls die kleinen, fast ausschließlich von Sportbooten genutzten Schleusen frei zugänglich für Wanderer, Radfahrer, Passanten … Sie sind ein Ort der Begegnung. Wir haben auf unseren Fahrten durch Frankreich an den Schleusen oft anregende Gespräche geführt und Menschen kennen gelernt (und beim Schleusenwärter Wein oder Gemüse gekauft …). Es kam sogar vor, dass wir während der Mittagspause des Schleusenwärters in der Schleusenkammer festmachen durften und von dort ins Dorf Essen gegangen sind.

Bezahlen die Franzosen dieses charmante laissez-faire nun mit einer hohen Unfallrate an den Schleusen? Ich konnte dazu nichts finden. Eine Google-Suche nach Unfällen an Schleusen brachte überwiegend Vorfälle mit Booten zum Vorschein, ein oder zweimal auch Autos, die von der Schleusenbrücke stürzten, aber keine Personen, die in die Schleusenkammer fielen. Nun ist sicher mein Französisch (und meine Recherche-Geduld) nicht ausreichend, um dazu etwas Abschließendes sagen zu können.

Dennoch: Ich meine, man sollte das strikte Betretensverbot zumindest an kleinen Sportbootschleusen ruhig überdenken. Klar, ein Restrisiko bleibt. Aber übertreiben wir es nicht manchmal mit dem Sicherheitsdenken? Würde uns etwas mehr französische Lockerheit nicht gut bekommen?

Segeln mit dem Monarch

Donnerstag, Juli 19th, 2018

Ich hatte ja versprochen, dieses Blog wieder ein wenig zu beleben. Hier nun ein etwas persönlicher Text, der nichts mit dem Bootcharter, aber viel mit dem Wasser und Booten zu tun hat.

Als ich acht Jahre alt war, nahm mich mein Onkel mit auf seine O-Jolle. Seitdem weiß ich: Segeln – das ist mein Ding. (Ich schrieb hier schon einmal etwas darüber.) Und mit 14 besaß ich mein erstes Boot – finanziert mit Geld, das ich zu meiner Konfirmation zusammengebettelt hatte: eine „Wespe“, eine kleine Sperrholzjolle.

Ich hatte nie Regatta-Ambitionen und habe nie den Atlantik überquert. Aber die längste Zeit meines bisherigen Lebens hatte ich ein Segelboot. Nach der Wespe eine O-Jolle (wie mein Onkel!), längere Zeit eine Monas und zuletzt viele Jahre ein Finn-Dinghy. Das Finn ist ein tolles Boot. Schnell, wendig – und anstrengend. Ich bin nicht mehr der Jüngste, und irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich mich immer seltener aufraffte, das Finn segelfertig zu machen. Bis es schließlich eine ganze Saison an Land blieb. Da habe ich es verschenkt. (Das Finn tut heute bei einer Jugend-Seglervereinigung in Stralsund Dienst.)

Ein Jahr ohne Segelboot ging ins Land, und ein zweites. Dann war klar: Ich möchte wieder ein Boot. Um es ruhiger anzugehen diesmal wieder eines mit Kiel. Ein offenes Kielboot also, aber ohne Kompromisse einhand zu segeln. Wieder eine Monas? Ein sportliches, ausgereiftes Boot, aber mit 7 m Länge unnötig groß. Und 1,10 m Tiefgang mit festem Kiel werden auf Brandenburgischen Seen auch schnell mal zum Problem.

Entspanntes Segeln mit dem Monarch

Seit vergangenem Herbst bin ich nun  stolzer Besitzer eines Monarch, Baujahr 1995. Und tatsächlich, der Monarch ist genau das richtige Boot für mich! Dank selbstlenzender Plicht braucht er nur eine Segelpersenning – in knapp 10 Minuten ist das Boot fertig zum Lossegeln. Und segeln kann man damit wie mit einer Jolle; die Ähnlichkeit mit dem Finn ist unverkennbar (und wohl auch kein Zufall). Aber wenn man mal eine Bö verschläft und nicht schnell genug in den Gurten hängt, liegt man nicht gleich im Bach. Das Boot krängt; dann sorgt der Kiel für das nötige Gegengewicht. Natürlich, dieser wahnsinnig schnelle Antritt des Finn, wenn eine Bö einfällt … ausreiten, leicht abfallen und ab geht die Post … das geht mit dem Monarch nicht. Eher gemächlich nimmt er Fahrt auf. Aber man kann nicht alles haben.

Das Finn verzeiht keine Fehler, der Monarch ist gutmütig. Man kann durchaus sportlich damit segeln – ohne aber bei wechselnden Winden, wie sie auf Binnenrevieren ja die Regel sind, zu ständigen Turnübungen gezwungen zu sein. Entspanntes Segeln eben. Die Schot des (höchst effektiven) Baumniederholers ist nach hinten geführt, ebenso Vorliek- und Unterliekstrecker. Dazu noch der Traveller – mein Monarch hat alles, was ich brauche, um vernünftig zu segeln. Alles ist durchdacht angeordnet und gut zu erreichen; man merkt dem Boot die Ausgereiftheit an. Mit dem in Längsrichtung verschiebbaren Hubkiel muss ich noch experimentieren – eine geniale Sache, die es m.E. so nur beim Monarch gibt.

Und vorne ist Platz für Passagiere, die dort bequem und sicher sitzen. Als ich meinen kleinen Neffen im Finn mitnahm, war es ihm bei wenig Wind zu langweilig und frischte es auf, bekam er Angst. Jetzt ist der „kleine Neffe“ 24 Jahre alt und kein Segelfan geworden. Wer weiß, hätte ich damals schon einen Monarch gehabt, wäre es ihm vielleicht gegangen wie mir damals in der O-Jolle meines Onkels …

Herzlich willkommen, liebe Schweizerinnen und Schweizer!

Freitag, Januar 16th, 2015

Wir wissen, dass viele Menschen aus der Schweiz gerne in Berlin und Brandenburg Urlaub machen. Auch bei uns stellt die Schweiz den größten Anteil der ausländischen Gäste. Das freut uns; denn wir wissen die ruhige und freundliche schweizerische Art zu schätzen.

Wir sind deshalb begeistert, dass für unsere Schweizer Gäste der Bootsurlaub in Deutschland schlagartig um fast 20% billiger geworden ist . Und das ohne unser Zutun, allein durch eine Maßnahme der Schweizerischen Nationalbank!

Ob es volkswirtschaftlich richtig oder falsch war, den Wechselkurs des Franken zum Euro freizugeben, kann und will ich nicht beurteilen. Wir sehen jedenfalls das Positive und freuen uns auf noch mehr Gäste aus der Schweiz in der Saison 2015. (Übrigens: in gut 2 Monaten geht’s schon wieder los…)

Mehr Anleger!

Dienstag, Juli 9th, 2013

Die Bestimmung eines Schiffes ist es nicht, zur See zu fahren. Die Bestimmung eines Schiffes ist es, in einem Hafen anzukommen.“ Ein schöner und weiser Satz, den irgendjemand so oder so ähnlich gesagt hat*. Was für die Berufsschifffahrt gilt, gilt nicht weniger für die Freizeitschifffahrt. Wir wollen ankommen! An einem schönen Flecken anlegen, ein Gläschen trinken, etwas Essen gehen, die Vorräte auffüllen. Nur wenn das möglich ist, macht Bootfahren richtig Spaß. Und im Land Brandenburg (und auch in Meckpomm) gibt es – zusätzlich zu den zahllosen Ankerbuchten – ja auch viele Marinas und Anleger. Vorbildlich ist die Stadt Brandenburg.

Ausgerechnet Berlin bietet aber viel zu wenige Möglichkeiten zum Festmachen. Wir haben uns ja schon damit abgefunden, dass es mit einem innerstädtischen Berliner Freizeithafen wohl niemals etwas werden wird. Und die Berliner Stadtspree ist ohnehin für Charterboote fast gesperrt. Aber wenigstens im grünen Südosten der Stadt, im wasserreichen Bezirk Köpenick, sollte es doch problemlos möglich sein, ein Plätzchen zum Anlegen zu finden. Aber Pustekuchen. Oft sind die Anleger der Berufsschifffahrt vorbehalten, oder privaten Vereinen oder sie sind kaum auf vernünftige Weise anzusteuern. Die „gelbe Welle“, die da und dort prangt, scheint eher Alibicharakter zu haben.

Dabei würden nicht nur die Bootfahrer von Anlegemöglichkeiten profitieren. Es sollte sich eigentlich schon rumgesprochen haben, dass Yachties in der Regel nicht zu den ganz Armen gehören. Sprich: Die Leute gehen Essen, kaufen ein und erstehen vielleicht auch das eine oder andere Souvenir. Letztlich lohnt es sich für eine Gemeinde, wenn sie es Bootfahrern ermöglicht, bei ihnen festzumachen.

Das sollte vielleicht auch das Köpenicker Bezirksamt einsehen und dieser Petition folgen, die von uns mit ganzem Herzen unterstützt wird.

*Ich habe vergessen, wer es war und konnte die Quelle auch nicht ergoogeln – weiß jemand mehr?

Adieu, „Fach“-Geschäfte

Dienstag, Juni 12th, 2012

Neulich im Fachgeschäft für Bootszubehör:

Kunde: „Guten Tag, ich brauche ein Frischwasserpumpe von Flojet, ich glaube das war eine mit 3 Mebranen.

Verkäufer: „Membranen? (Hat er offenbar noch nie gehört. Zieht die Augenbrauen hoch. Kategorisch:) Das spielt keine Rolle. Es kommt auf die Förderleistung an!“

Kunde: „Ah – ja. Was hat denn die hier für eine Förderleistung? (Zeigt auf eine Flojet-Pumpe, die er im Regal entdeckt hat.)“

Verkäufer: „Ähh, hmm, (dreht suchend den Karton hin und her), ähhm, da muss ich mal im Katalog gucken. (Verschwindet im Hintergrund und kommt nach zwei Minuten wieder – blätter, blätter, such such:) ahh hier. 14 l. Das ist schon eine sehr gute Leistung!

Kunde: „14 l ? Aha. Pro Sekunde? Pro Stunde? Nee, wohl pro Minute, oder?

Verkäufer: „(Denk, blätter) Ja,  pro Minute.

Als ich den Dialog mitbekommen habe, da wusste ich: Es gibt sie noch, die guten alten staubigen Fachgeschäfte. mit ihren inkompetenten und arroganten Verkäufern. Man sollte ein paar dieser Läden unter Denkmalschutz stellen; denn sie werden restlos verschwinden. Und das ist auch gut so.

Im Internet bekomme ich die gesuchten Informationen mit ein bisschen googeln (oder gleich im Online-Shop) binnen weniger Minuten, kann bequem bestellen ohne angemeiert zu werden, die Auswahl ist größer und teurer ist es auch nicht. Amazon sei Dank.

Ein paar echte Spezialgeschäfte mit wirklich kundiger und freundlicher Beratung werden überleben, und da zahlt man gerne auch mal ein paar Euro mehr. Den anderen weine ich keine Träne nach.

Adieu, „Fach“-Geschäfte , hallo Online-Shop!

Neue Verbindungen schaffen!

Mittwoch, Mai 30th, 2012

Ein Tweet hat mich zu dieser Meldung  geführt.  Da schlägt ein niederländischer Europapolitiker (noch dazu aus der gleichen Fraktion wie unser bayrischer Wasserstraßenhasser) eine neue Kanalverbindung vor. Und zwar vom niederländischen Twentekanal zum deutschen Mittellandkanal. Der Twentekanal endet bisher in Enschede; die neue Verbindung müsste wohl irgendwo bei Rheine in den Mittellandkanal bzw. den Dortmund-Ems-Kanal münden.

Wenn man sich das mal bei Google Maps anguckt, fällt sofort ins Auge, wie naheliegend eine solche Verbindung ist und wie sinnvoll sie wäre. Denn es gibt bisher nur drei Binnenwasserverbindungen zwischen Holland und Deutschland, von denen zwei eigentlich nicht mitgerechnet werden können. Denn der Weg über den Dollart und die Ems schließt ein Tidengewässer ein. Diesen Weg sind wir bei der Überführung der Anna K. gefahren – das ist lustig, aber doch recht langwierig. Und der Haren-Rütenbrock-Kanal ist winzig und für die Berufschifffahrt natürlich nicht zu gebrauchen. Bleibt also nur die Waal/der Rhein, und diese Wasserstraße ist schon extrem belastet. Wir sind selber mal bei Nijmegen auf der Waal geschippert – eine Autobahn ist nichts dagegen.

Also ein neuer Kanal. Ich sage dreimal Ja! dazu. Das wäre eine sinnvolle Infrastrukturmaßnahme. Sie würde die Ost-West-Verbindung für Binnenschiffe von Polen bis Frankreich entscheidend verbessern und dazu beitragen, dass mehr Gütertransporte auf das Schiff verlagert werden. Man wird wohl den einen oder anderen Frosch vor Baubeginn behutsam umsiedeln müssen. Und man darf keine Berliner an der Planung beteiligen, sonst wird der Kanal nie fertig. Aber dann könnte das was werden.

Der Trend geht zum Un-Boot?

Sonntag, Mai 13th, 2012

Um es gleich klar zu stellen: das wird kein Hass-Artikel, noch nicht einmal eine Polemik. Ich lehne mich vielmehr entspannt zurück, nippe an meinem Sonntagskaffee und sinniere, warum diese merkwürdigen Wasserfahrzeuge, die man zunehmend auf unseren Gewässern sieht, derzeit so erfolgreich sind.

Ein Ferienhaus auf dem Wasser

Ein Ferienhaus auf dem Wasser

Zunächst der Versuch einer Klassifizierung:

  • Gruppe I, Einfach-Flöße
    Echte Floß-Konstruktionen: eine hölzerne Plattform auf Schwimmern montiert, darauf eine einfache Bretterhütte, hinten ein Außenborder angehängt (gerne mit weniger als 5 PS – also führerscheinfrei), fertig. Innen (vielleicht) Etagenbetten, Portapotti und Campingkocher.
  • Gruppe II, Haus-Boote
    Optisch von den Einfach-Flößen zunächst mal durch die Größe unterschieden. Meistens Katamarankonstruktionen mit Rümpfen aus Stahl oder Aluminium. Im Inneren wesentlich komfortabler, mehrere Schlafkammern, Küche, Heizung, manchmal sogar ein Kaminofen. Die einfacheren Varianten mit Außenbordmotoren, die nobleren mit Innenborder-Dieseln.

Innerhalb der Gruppen I und II gibt es unterschiedliche Größen und Komfortstufen und es gibt natürlich auch einen weichen Übergang zwischen den beiden. Ein Unikum hingegen ist Gruppe III,  und soweit mir bekannt ist, gibt es dafür auch nur einen einzigen Anbieter (der aber durchaus erfolgreich ist):

  • Gruppe III, der schwimmende Caravan
    Verchartert wird eine große schwimmende Plattform mit einem (Außenbord-) Motor, Steuerung und Beleuchtung. Den Rest bringen die Mieter selbst mit,  in Form ihres Wohnwagens oder Wohnmobils, das für die Dauer der Charter auf der Plattform verzurrt wird.
Wohnwagen in ungewohnter Umgebung

Wohnwagen in ungewohnter Umgebung

Was motiviert die Menschen, ihren Urlaub auf einem Floß, einem schwimmenden Bungalow oder in ihrem auf Schwimmer gesetzten Wohnmobil zu verbringen? Für alle, die es aufs Wasser zieht, gibt es doch schon lange Boote in jeder Größe und Komfortstufe zu mieten!

Der Preis kann es nicht sein, wie sich leicht feststellen lässt. Selbst ein simples 7-m-Floß mit Campingausstattung kostet im Sommer um die 800 € pro Woche – für wenig mehr kann man schon unseren Don Giovanni  bekommen! Komfortable schwimmende Häuser sind sogar eher teurer als richtige Boote.

Ich denke mir, bei den einfachen Flößen spielt wahrscheinlich Huckleberry-Finn-Romantik eine große Rolle. Man sieht sich vor seinem geistigen Auge den Mississippi abwärts treiben, neuen Abenteuern entgegen. Dagegen ist eigentlich nichts zu sagen. Nichts gegen Romantik. Und unsere Gewässer eignen sich nicht schlecht für solche Träumereien …

Die Haus-Boote werden wahrscheinlich vor allem wegen des Komforts gebucht. Denn es ist nun mal eine Tatsache: So ein Ferienhaus auf Schwimmern bietet im Verhältnis zu den Außenmaßen wesentlich mehr Innenraum als ein Boot.

Bei den Camping-Pontons muss ich mal raten. Ich könnte mir vorstellen, dass es für den typischen Wohnmobilisten wichtig ist, auch in der Ferne seine gewohnte Umgebung um sich zu haben. Und in seinem Caravan auf Pontons fühlt er sich auf dem ungewohnten Wasser gleich viel sicherer als in einem Charterboot.

Und bei allen gemeinsam ist wahrscheinlich Schwellenangst ein weiteres Motiv. So eine Motoryacht sieht irgendwie kompliziert aus. Trotz Charterschein-Regelung trauen sich manche da nicht so recht ran. Ein Holzfloß, ein schwimmender Bungalow oder ein Ponton mit Außenborder wirkt einfacher und leichter zu handhaben. Und man kann vermeintlich auch nicht so schnell etwas kaputtmachen wie bei einer Motoryacht. Drum fällt es Anfänger/inne/n leichter, ein unkonventionelles Wassergefährt zu mieten.

Boote

Boote

Vom Geschäftlichen her beunruhigen uns die Un-Boote nicht, im Gegenteil. Wir freuen uns, dass Menschen aufs Wasser gelockt werden, die sonst vielleicht nie einen Bootsurlaub gebucht hätten. Und der eine oder die andere wird vom Virus infiziert und möchte es wieder tun. Und vielen  wird dann klar, warum Boote so sind wie sie sind: Oh, mit einem richtigen Boot kann man ja auch bei mehr als drei Windstärken den See überqueren! Und man kann dank Gangborden stressfrei schleusen und anlegen, man muss auf dem Kanal nicht Zickzack fahren, kann im Hafen besser manövrieren …

Herzlich willkommen auf dem Wasser!

ADS* bei MDB’s

Mittwoch, März 7th, 2012

Auf meine erste Anfrage haben ja noch alle geantwortet. Und es wurden auch von allen – ansatzweise – Argumente vorgebracht. Damit war die Aufmerksamkeitsspanne einiger MdB’s aber wohl schon überbeansprucht. FDP und Linke haben auf meine Nachfrage überhaupt nicht mehr reagiert, die CDU hat etwas unkonzentriert und die Grünen haben (allerdings begründet) kurz geantwortet. Nur Hans-Joachim Hacker (SPD) ist explizit auf mein zweites Paper eingegangen. Ich dokumentiere das hier.

Ich fasse mal zusammen: Der Bundestag hat beschlossen, die Bundesregierung aufzufordern**, die Leistungsgrenze für führerscheinfreie Boote von 5 auf 15 PS zu erhöhen,

• ohne die sicherheitstechnischen Folgen abschließend zu klären,
• ohne wirkliche Experten anzuhören,
• und ohne an einige wichtige Aspekte überhaupt nur zu denken.

Na gut, die Welt wird davon nicht untergehen. Es gibt wahrhaftig Wichtigeres als den Sportbootführerschein. Wenn ich aber dran denke, dass bei Themen, von denen ich nichts verstehe (sagen wir z.B. Gentechnik oder Finanztransaktionen), womöglich auf ebenso unzureichender Grundlage entschieden wird, dann wird mir ganz flau.


* Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom

** Tatsächlich ist die Erhöhung als solche noch nicht beschlossen, sondern nur die Regierung aufgefordert worden, eine entsprechende Gesetzesvorlage vorzubereiten. Es gibt also noch etwas Hoffnung. Der beschlossene Antrag ist hier zu lesen.


Mit Höchstgeschwindigkeit verabschiedet

Freitag, Januar 27th, 2012

Wie schnell es manchmal geht! Letzte Woche die Experten-Anhörung und gestern schon vom Bundestag verabschiedet. Da staunt der politische Laie. Allzuviel Zeit haben sich die Abgeordneten nicht genommen, die Experten-Meinungen zu prüfen und zu überdenken.

Apropos „Experten“: Sportverbände, Wasserschutzpolizei, ADAC, Wasserwirtschaftsverband… Das waren wohl eher Interessengruppen als Fachleute. Wohlgemerkt: es spricht nichts dagegen, die Meinungen von Interessengruppen anzuhören, im Gegenteil! Aber vielleicht wäre es doch nicht so schlecht gewesen, außerdem ein paar richtige Experten anzuhören; sagen wir mal einen Sicherheitsfachmann und eine Bootsbauerin. Die hätten wohl wenigstens klar stellen können, wie schnell ein Gleiter mit 15 PS fährt. Und was es für einen Unterschied macht, wenn man mit 40 statt mit 20 km/h gegen eine Spundwand knallt.

Aber der Zug ist wohl raus. Man kann jetzt seine Hoffnung höchstens auf die Evaluierung nach 3 Jahren setzen (oder auf die Trägheit der Verwaltung beim Umsetzen der neuen Bestimmungen). Aber selbst wenn sich dann negative Auswirkungen herausstellen, wird man die neue Regelung schwer zurücknehmen können. Man denke nur an die Leute, die sich bis dahin 15-PS-Boote angeschafft haben, aber keinen Führerschein besitzen. Die werden Sturm laufen! Abgesehen davon ist so eine Überprüfung gar nicht so einfach, weil es meines Wissens im Wassersportbereich keine vernünftigen Unfallerhebungen gibt.

In einem Punkt muss ich übrigens Abbitte tun: Die FDP ist es (diesmal) nicht gewesen. Patrick Döring, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, schrieb:

Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich im Rahmen der Abstimmung des Koalitionsantrages, wie in unserem Positionspapier vom April letzten Jahres ausgeführt, für eine Übernahme der niederländischen Regelung ausgesprochen.

Aber die Koalitionsdisziplin wollte es anders:

Doch angesichts des Widerstandes einiger Verbände, des Bundesverkehrsministeriums und einiger Teile der CDU/CSU einigten wir uns auf den Kompromiss einer Erhöhung der PS-Grenze auf 15 PS. 

Weiter schreibt er:

In der Anhörung des Verkehrsausschusses am 18.01. erklärten u.a. ADAC und Wasserschutzpolizei, dass die von Ihnen beschriebenen Gleitboote mit einem 15 PS Motor etwa 25 km/h schnell wären.

Seltsam. Hätte man das nicht noch wenigstens ein bisschen, ein ganz kleines bisschen, prüfen können? Werden unsere Gesetze eigentlich immer auf so unsolider Informationsbasis beschlossen?

Und wo bleibt das Positive? Überrascht hat mich, dass (bis auf die Grünen – aber da kommt sicher noch was) alle Fraktionen qualifiziert auf mein Paper eingegangen sind. Hier habe ich die Antworten in einem PDF zusammengestellt.

Für mich ist die Sache aber noch nicht ganz zu Ende. Ich hätte da nämlich noch ein paar Fragen …

Weitere Quellen:

Bis 15 PS führerscheinfrei?

Freitag, Januar 20th, 2012

Die Presse berichtet von Plänen, den Wassersport zu deregulieren, z.B. hier. Hauptvorschlag: die Leistungsgrenze, von der an ein Motorbootführerschein vorgeschrieben ist, soll erhöht werden. Von jetzt 5 PS auf 15 PS.

Es ist sicher nicht schlecht, unnötige Regulierungen im Wassersport zurückzunehmen. Z.B. wäre es eine gute Idee, wenn die überflüssige Kennzeichenpflicht für Sportboote wieder aufgehoben würde. Das Beispiel Holland zeigt, dass man bestens ohne auskommt.

Aber ausgerechnet die PS-Grenze heraufsetzen? Das ist idiotisch. Zunächst einmal ist es kurios, dass der Gesetzgeber sich an der veralteten Einheit PS orientieren soll, statt an den seit den 1970er Jahren weltweit verbindlichen SI-Einheiten. Das  wirft ein Schlaglicht auf die technische Einfalt derjenigen, die den Vorschlag erarbeitet haben. Viel wichtiger ist aber: Die Gefährlichkeit eines Fahrzeugs, auch eines Wasserfahrzeugs, hat nichts mit der Leistung zu tun! (Egal ob man sie nun in kW misst oder in PS.) Entscheidend ist die Geschwindigkeit! Ein  bisschen Physik für Politiker:

In Worten: Die Bewegungsenergie ist gleich dem Produkt aus halber Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit. Ein Rechenbeispiel: Die kinetische Energie eines gleitfähigen Motorboots, das z.B. 300 kg wiegt, und mit seinem 15-PS-Außenborder 40 km/h schnell fährt, beträgt 18.500 Nm (Newton mal Meter). Zum Vergleich: Die Verdränger-Sloep mit 30 PS, die 1.000 kg wiegt und mit  12 km/h fährt, hat eine Bewegungsenergie von 5.500 Nm. Weniger als ein Drittel! Für welches Boot sollte man wohl eher einen Führerschein vorschreiben, liebe Politiker?

Wer bezweifelt, dass ein Motorboot mit 15 PS überhaupt so schnell fahren kann, kann sich ja mal ein paar Videos reinziehen. Z.B. dieses oder dieses.

Die holländischen Kollegen haben im Physik-Unterricht besser aufgepasst. Dort sind alle Boote mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 20 km/h führerscheinfrei. Das macht Sinn!

Nun, eine Hoffnung bleibt: Der 15 PS-Vorschlag wird offenbar vor allem von der FDP gefördert. Und die Kanzlerin hat immerhin Physik studiert. Vielleicht gibt sie ihrem Koalitionspartner mal wieder ein bisschen Nachhilfe.

Update 22.01.:
Ich habe ein Paper an den Verkehrsausschuss des Bundestags geschickt: http://dl.dropbox.com/u/23667419/Geschwindigkeitsgrenze_statt_PS-Grenze.pdf