Posts Tagged ‘Umweltschutz’

Fäkalien in die Spree

Freitag, August 3rd, 2012

… zu pumpen ist natürlich streng verboten. Der Tagesspiegel weiß dazu gerade etwas zu melden. Am Rande sei bemerkt, dass ein Fäkalienteppich, wie er beschrieben wird, keinesfalls von einer Yacht kommen kann, sondern von einem großen Schiff stammen muss (Ausflugsdampfer? Hotelschiff?…) Aber das soll hier gar nicht das Thema sein, sondern:

Mit etwas Verspätung – aber immerhin besser als der BER! – werden derzeit Fäkalientanks der besonderen Art in der Spree versenkt. Genauer gesagt am Osthafen, rechtes Ufer zwischen Elsen- und Oberbaumbrücke. Wir hatten über das Vorhaben schon berichtet. Schade nur, dass aus den ursprünglichen guten Ideen der Planer nichts geworden ist. Aber es bleibt ein wertvoller Beitrag zur Reinhaltung des Flusses (bzw. dazu, dass er erst Mal wieder halbwegs sauber wird.)

Riesige Fäkalientanks - versenkt in der Spree

Allerdings ist die Idee mit den Rückhaltebecken für das schmutzige Wasser aus der Mischkanalisation nicht wirklich neu. Derartige Rückhaltevorrichtungen (allerdings auf dem Land, nicht als Tanks im Wasser) gibt es schon lange. Und derzeit wird entlang des Landwehrkanals die Kanalisation erneuert, und dabei werden zusätzliche Rückhaltebecken angelegt. Wie alle Baustellen ist das für die Anwohner ein bisschen nervig. Aber über den Sinn dieser Maßnahmen kann man ja nun wirklich nicht streiten – anders als bei vielen anderen teuren Bauprojekten in der Hauptstadt.

Schmutzwasser-Rückhaltebecken im Bau (Görlitzer Ufer, Landwehrkanal)

Schmutzwasser-Rückhaltebecken im Bau (Görlitzer Ufer, Landwehrkanal)

Update 4.8.:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/faekalienteppich-polizei-sucht-den-havel-verschmutzer/6960976.html

Zu wenig Leistung!

Donnerstag, Februar 16th, 2012

Im Zuge der Diskussion um die Führerscheinregelung fiel mir auf, dass ein Problem offenbar noch kaum angesprochen wurde: die Untermotorisierung. Das klingt paradox, soll doch die Leistungsgrenze für führerscheinfreie Boote  gerade von 5 auf 15 PS erhöht werden. Aber schon jetzt verleitet die PS-Grenze für die Führerscheinfreiheit dazu, verhältnismäßig große Wasserfahrzeuge mit einer Motorleistung auszustatten, die zu gering ist, um das Gefährt bei Wind oder Strömung sicher zu manövrieren. (Man google z.B. einfach mal „Floß mieten führerscheinfrei“). Warum die Zulassungspraxis dem keinen Riegel vorschiebt, weiß ich nicht. Aber sie tut es offensichtlich nicht.

Eine Erhöhung der Leistungsgrenze würde das Problem verschärfen; denn dadurch kämen viele in Versuchung, noch größere Boote (womöglich bis hin zum 15-m-Hausboot) mit lediglich 15 PS auszustatten, um sie führerscheinfrei zu halten. Es wäre also mit einer wachsenden Flotte nur eingeschränkt manövrierbarer Wasserfahrzeuge zu rechnen.

Wir kriegen mit der geplanten Neuregelung nicht nur mehr umherflitzende Schlauchbootkids, die die Ausweichregeln nicht kennen, sondern auch noch  eine wachsende Zahl  großer behäbiger Schiffe, die bei Windstärke 4 kaum noch manövrierbar sind. Und das auf allen Wasserstraßen – nicht nur dort, wo heute die Charterscheinregelung gilt.

Ein Motiv mehr, nicht aufzugeben. Ich habe deshalb die zuständigen Abgeordneten aller Bundestagsfraktionen noch einmal angeschrieben und ergänzende Fragen gestellt.

Ein Argument gegen die Geschwindigkeitsgrenze nach holländischem Vorbild war stets, dass man das schwer kontrollieren könnte. Das Argument ist nicht abwegig ( obwohl die Holländer damit offensichtlich klar kommen). Als Lösung und gangbaren Kompromiss habe ich deshalb vorgeschlagen, eine Grenze für das Leistungsgewicht führerscheinfreier Boote festzusetzen. Mit einem vernünftigen minimalen Leistungsgewicht könnte sichergestellt werden, dass führerscheinfreie Boote nicht ins Gleiten kommen. Das wäre gleichbedeutend mit einer Geschwindigkeitsgrenze, aber leicht zu kontrollieren; denn Verdrängung und Leistung stehen in den Papieren. Mehr Informationen dazu gibt es in dem Paper, das ich als Anhang auch an die Bundestagsabgeordneten gesandt habe.

Weiter mit 15 PS

Donnerstag, Februar 9th, 2012

Die Ehre der Grünen ist  gerettet. Gestern traf hier eine ausführliche Antwort vorn Frau Dr. Valerie Wilms (GRÜNE) ein. Ich habe den Wortlaut an die Datei mit den gesammelten Antworten der Parteien angehängt.

Kurz zusammengefasst: Die Grünen sind – was nicht weiter überrascht – gegen die Erhöhung der PS-Grenze. Auch einer geschwindigkeitsabhängigen Neuregelung stehen sie skeptisch gegenüber. Interessant war der Link zum Protokoll der Expertenanhörung, der jetzt aber nicht mehr funktioniert. Ich habe das Protokoll aber hier. (6 MB)

Nachdem mir nun die Antworten aller Bundestagsparteien vorliegen, werde ich den Damen und Herren wohl ein bisschen auf die Nerven gehen und nochmal nachfragen. Bis ich die Nachfragen formuliert habe, wird es aber etwas dauern – diese Politik ist irgendwie anstrengend.

Neues vom Bundestag

Dienstag, Februar 7th, 2012

Gestern bekam ich noch folgende Mail:

Sehr geehrter Herr Leser,

ich danke Ihnen sehr für Ihre E-Mail vom 22. Januar 2012, in der Sie dafür werben, dass die Führerscheinpflicht für Motorboote nicht an der Leistungsgrenze sondern an der tatsächlich erreichbaren Höchstgeschwindigkeit ausgerichtet wird.

Dieser Argumentation kann ich gut folgen und werde daher Ihr Anliegen an die zuständigen Fachpolitiker meiner Fraktion weiterleiten.

Ich hoffe, in Ihrem Sinne gehandelt zu haben und verbleibe
mit den besten Grüßen
Kai Wegner

Mitglied des Deutschen Bundestages
Vorsitzender der Landesgruppe Berlin in der CDU/CSU-Fraktion

(Hervorhebung von Anna Blume BLogbuch)

Man liest und staunt. Sollte mein Briefchen am Ende doch noch Anlass für eine Korrektur werden, obwohl das Gesetz im Prinzip schon verabschiedet wurde? Kann ich eigentlich kaum glauben.

Eins muss ich zum Lobe  der sonst wenig gelobten Volksvertreter aber feststellen: Ich war überrascht, dass alle (bis auf die Grünen :-() geantwortet haben und qualifiziert auf meinen Vorschlag eingegangen sind. Ich weiß natürlich nicht, ob die Abgeordeten das jeweils selbst verfasst haben oder jemand aus ihrem Team, aber das spielt im Grunde keine Rolle.

Mit Höchstgeschwindigkeit verabschiedet

Freitag, Januar 27th, 2012

Wie schnell es manchmal geht! Letzte Woche die Experten-Anhörung und gestern schon vom Bundestag verabschiedet. Da staunt der politische Laie. Allzuviel Zeit haben sich die Abgeordneten nicht genommen, die Experten-Meinungen zu prüfen und zu überdenken.

Apropos „Experten“: Sportverbände, Wasserschutzpolizei, ADAC, Wasserwirtschaftsverband… Das waren wohl eher Interessengruppen als Fachleute. Wohlgemerkt: es spricht nichts dagegen, die Meinungen von Interessengruppen anzuhören, im Gegenteil! Aber vielleicht wäre es doch nicht so schlecht gewesen, außerdem ein paar richtige Experten anzuhören; sagen wir mal einen Sicherheitsfachmann und eine Bootsbauerin. Die hätten wohl wenigstens klar stellen können, wie schnell ein Gleiter mit 15 PS fährt. Und was es für einen Unterschied macht, wenn man mit 40 statt mit 20 km/h gegen eine Spundwand knallt.

Aber der Zug ist wohl raus. Man kann jetzt seine Hoffnung höchstens auf die Evaluierung nach 3 Jahren setzen (oder auf die Trägheit der Verwaltung beim Umsetzen der neuen Bestimmungen). Aber selbst wenn sich dann negative Auswirkungen herausstellen, wird man die neue Regelung schwer zurücknehmen können. Man denke nur an die Leute, die sich bis dahin 15-PS-Boote angeschafft haben, aber keinen Führerschein besitzen. Die werden Sturm laufen! Abgesehen davon ist so eine Überprüfung gar nicht so einfach, weil es meines Wissens im Wassersportbereich keine vernünftigen Unfallerhebungen gibt.

In einem Punkt muss ich übrigens Abbitte tun: Die FDP ist es (diesmal) nicht gewesen. Patrick Döring, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, schrieb:

Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich im Rahmen der Abstimmung des Koalitionsantrages, wie in unserem Positionspapier vom April letzten Jahres ausgeführt, für eine Übernahme der niederländischen Regelung ausgesprochen.

Aber die Koalitionsdisziplin wollte es anders:

Doch angesichts des Widerstandes einiger Verbände, des Bundesverkehrsministeriums und einiger Teile der CDU/CSU einigten wir uns auf den Kompromiss einer Erhöhung der PS-Grenze auf 15 PS. 

Weiter schreibt er:

In der Anhörung des Verkehrsausschusses am 18.01. erklärten u.a. ADAC und Wasserschutzpolizei, dass die von Ihnen beschriebenen Gleitboote mit einem 15 PS Motor etwa 25 km/h schnell wären.

Seltsam. Hätte man das nicht noch wenigstens ein bisschen, ein ganz kleines bisschen, prüfen können? Werden unsere Gesetze eigentlich immer auf so unsolider Informationsbasis beschlossen?

Und wo bleibt das Positive? Überrascht hat mich, dass (bis auf die Grünen – aber da kommt sicher noch was) alle Fraktionen qualifiziert auf mein Paper eingegangen sind. Hier habe ich die Antworten in einem PDF zusammengestellt.

Für mich ist die Sache aber noch nicht ganz zu Ende. Ich hätte da nämlich noch ein paar Fragen …

Weitere Quellen:

Bis 15 PS führerscheinfrei?

Freitag, Januar 20th, 2012

Die Presse berichtet von Plänen, den Wassersport zu deregulieren, z.B. hier. Hauptvorschlag: die Leistungsgrenze, von der an ein Motorbootführerschein vorgeschrieben ist, soll erhöht werden. Von jetzt 5 PS auf 15 PS.

Es ist sicher nicht schlecht, unnötige Regulierungen im Wassersport zurückzunehmen. Z.B. wäre es eine gute Idee, wenn die überflüssige Kennzeichenpflicht für Sportboote wieder aufgehoben würde. Das Beispiel Holland zeigt, dass man bestens ohne auskommt.

Aber ausgerechnet die PS-Grenze heraufsetzen? Das ist idiotisch. Zunächst einmal ist es kurios, dass der Gesetzgeber sich an der veralteten Einheit PS orientieren soll, statt an den seit den 1970er Jahren weltweit verbindlichen SI-Einheiten. Das  wirft ein Schlaglicht auf die technische Einfalt derjenigen, die den Vorschlag erarbeitet haben. Viel wichtiger ist aber: Die Gefährlichkeit eines Fahrzeugs, auch eines Wasserfahrzeugs, hat nichts mit der Leistung zu tun! (Egal ob man sie nun in kW misst oder in PS.) Entscheidend ist die Geschwindigkeit! Ein  bisschen Physik für Politiker:

In Worten: Die Bewegungsenergie ist gleich dem Produkt aus halber Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit. Ein Rechenbeispiel: Die kinetische Energie eines gleitfähigen Motorboots, das z.B. 300 kg wiegt, und mit seinem 15-PS-Außenborder 40 km/h schnell fährt, beträgt 18.500 Nm (Newton mal Meter). Zum Vergleich: Die Verdränger-Sloep mit 30 PS, die 1.000 kg wiegt und mit  12 km/h fährt, hat eine Bewegungsenergie von 5.500 Nm. Weniger als ein Drittel! Für welches Boot sollte man wohl eher einen Führerschein vorschreiben, liebe Politiker?

Wer bezweifelt, dass ein Motorboot mit 15 PS überhaupt so schnell fahren kann, kann sich ja mal ein paar Videos reinziehen. Z.B. dieses oder dieses.

Die holländischen Kollegen haben im Physik-Unterricht besser aufgepasst. Dort sind alle Boote mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 20 km/h führerscheinfrei. Das macht Sinn!

Nun, eine Hoffnung bleibt: Der 15 PS-Vorschlag wird offenbar vor allem von der FDP gefördert. Und die Kanzlerin hat immerhin Physik studiert. Vielleicht gibt sie ihrem Koalitionspartner mal wieder ein bisschen Nachhilfe.

Update 22.01.:
Ich habe ein Paper an den Verkehrsausschuss des Bundestags geschickt: http://dl.dropbox.com/u/23667419/Geschwindigkeitsgrenze_statt_PS-Grenze.pdf

Spree 2012

Freitag, Juli 29th, 2011

Baden in der Spree war einer der ersten Beiträge dieses Blogs am 13.4.2010 überschrieben, der von großem Optimismus getragen war. Danach tat sich erst einmal wenig. Offenbar gab es langwierige Querelen mit der BEHALA, der die Grundstücke am Osthafen gehören. Nun ist aber wieder Bewegung in die Sache gekommen. „Der erste Rammschlag zum Bau der Pilotanlage kann Ende des Jahres stattfinden.“  teilen die Planer von „Spree 2011“  in ihrem aktuellen Newsletter mit.

Allerdings wird das Betreten der Anlage von der BEHALA nicht gestattet werden, sodass aus dem geplanten Café und Solarbootverleih auf dem Ponton nichts wird. Schade. Da mangelt es einigen Bürokraten wohl mal wieder an Mut und Fantasie. Oder was auch immer dahintersteckt. Die Erkenntnis, dass Berlin am Wasser liegt, ist jedenfalls bis zur BEHALA noch nicht durchgedrungen. Eigentlich komisch für Hafenbetreiber …

Salatöl im Tank III

Sonntag, Mai 15th, 2011

Ökonomische und ökologische Aspekte

Für viele steht (oder stand) es im Vordergrund: Pflanzenöl ist (oder war?) ein bisschen billiger als Diesel. Das ist m.E. aber das schwächste Argument von allen. Denn Preise ändern sich schnell; und wenn mehr Pflanzenöl nachgefragt wird, steigt auch der Preis. Und für uns als Vercharterer ist es schon gar kein Argument; denn den Kraftstoff zahlen die Chartergäste. Betrachtet man den zusätzlichen technischen Aufwand, sind Boote mit Pflanzenölantrieb für eine Charterfirma eindeutig ökonomischer Unsinn. Deswegen werden ja auch (fast) keine verchartert.

Na gut, Profit ist nicht alles :-). Wir wollen ja schließlich die Guten sein. Wie steht es also mit den ökologischen Aspekten? Auf den ersten Blick auch nicht doll: Natürlich ist es Unsinn, Ackerland zu verschwenden, um Treibstoff statt Lebensmitteln anzubauen. Das ist in der Diskussion um E 10 ziemlich deutlich geworden und soll hier nicht weiter vertieft werden.

Aber: Wasser ist auch ein Lebensmittel! Und mit unseren Booten fahren wir darauf rum. Für Boote ist es deshalb zehnmal wichtiger als für Landfahrzeuge, dass sie keine schädlichen Stoffe nach außen abgeben. Und ein Tropfen Diesel kontaminiert bekanntlich zigtausend Liter Wasser (genaue Zahlen kann man bei Wikipedia nachlesen). Pflanzenöl hingegen: Hmm, lecker Fischfutter! Betrachtet man zusätzlich die hirnrissige Genehmigungspraxis bei Wassertankstellen, werden die Bootfahrer geradezu dazu getrieben aus dem Kanister zu tanken, mit den bekannten Folgen. (Ja, den Trick mit dem Spüli kennen wir auch…)

Mit Pflanzenöl wäre das kein Problem, denn Pflanzenöl ist wasserunschädlich. Es wäre ökologisch also sinnvoll, den Pflanzenölantrieb von Yachten zu fördern. Da die Menge des hier verbrauchten Kraftstoffs verschwindend gering ist im Verhältnis zu dem von Straßenfahrzeugen, wären auch die Anbauflächen nicht das Problem.

Hm, jetzt habe ich mich fast wieder selber überzeugt. Vielleicht machen wir irgendwann doch noch mal einen Anlauf. Aber ein bisschen Unterstützung von Politik und/oder Motorenherstellern wäre dann nicht schlecht.

 

Rettet die Wasserstraßen!

Montag, Mai 2nd, 2011

Dankenswerterweise hat es die Hauspostille des NV-Verlags in ihrer letzten Ausgabe noch einmal aufgegriffen: Verkehrsminister Ramsauers finstere Pläne für die deutschen Wasserstraßen.  Die Meldung ist schon älter, aber im Januar ziemlich unbeachtet geblieben. Im Kern sieht der Plan vor, nur noch Wasserstraßen auszubauen, auf denen viel Güterverkehr abgewickelt wird. Die mit wenig Güterverkehr sollen nur erhalten und die ohne Güterverkehr „entwidmet“werden. Hier  in der „taz“ und hier  in der „Welt“ kann man zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die gleiche Meldung nachlesen. Ich will mich nicht dazu äußern, wie sinnvoll der Ausbau von Havel oder Saale für große Schubverbände ist, sondern nur zu der dritten Gruppe (kein Güterverkehr) Stellung nehmen.

Fast alle Gewässer, auf denen wir heute mit unseren Booten herumschippern, sind praktisch frei vom Güterverkehr: Obere Havel, Seenplatte,  Müritz-Elde-Wasserstraße, Storkower und Teupitzer Gewässer, Untere Havel zwischen Plaue und Havelberg: Alles Kandidaten für die „Entwidmung“.

Was heißt es aber, wenn Wasserstraßen „entwidmet“ werden? Zunächst einmal, dass der Bund die Verantwortung für die Wasserstraßen abgibt, im Wesentlichen an die Bundesländer. Solange ein Gewässer als Bundeswasserstraße geführt wird, ist der Staat verpflichtet, das Gewässer schiffbar zu halten, also die Schleusen zu erhalten und für eine gewisse Mindesttiefe des Fahrwassers zu sorgen. Bei der Umwandlung in Landesgewässer entfällt diese Verpflichtung, das Land kann dann entscheiden, ob es Geld für die Erhaltung ausgibt oder nicht.

Angesichts der extrem klammen Kassen von Berlin, Brandenburg und Meckpomm bedeutet das, dass man sich über den künftigen Zustand der Wasserstraßen ernste Sorgen machen muss. Klar werden auch die Länder nicht gleich die Kanäle zuschütten und die Schleusen abbauen. Auch in Potsdam oder Schwerin weiß man um die touristische Bedeutung der Gewässer. Aber machen wir uns nichts vor: Wenn die Verpflichtung zum Erhalt der Wasserstraßen entfällt, wird die Versuchung groß sein, bei den Haushaltsplanungen am Etat der „unwichtigen“ Gewässer immer wieder was abzuknapsen.

Und schon bricht die erste Schleuse mitten in der Saison zusammen. Bis Geld für ihre Reparatur locker gemacht wird, vergehen Jahre. In der Zwischenzeit verkrautet und verschlammt der Kanal. Die Instandsetzung wäre viel zu teuer. Also lässt man es. Und peu a peu schrumpft das Netz der schiffbaren Wasserstraßen. Schon heute sind die (wenigen) Brandenburgischen Landeswasserstraßen – etwa der Wentowkanal oder die Ruppiner Gewässer – in schlechterem Zustand als die Bundeswasserstraßen.

Dazu kommt, dass manche diese Art „Renaturierung“ auch noch bejubeln. Mehr noch: wahrscheinlich wird man versuchen, das Zurückfahren der notwendigen Investitionen von vornherein als Naturschutzmaßnahme zu verkaufen. Bei der Diskussion um den Berliner Landwehrkanal konnte man solche Argumente schon hören.

Das Ganze liegt im Trend. In Jahrhunderten von Generationen geschaffene Infrastruktur wird aus kurzsichtigem Sparwahn auf Verschleiß gefahren und dem Verfall überlassen. Bei  den hausgemachten Überschwemmungen an der Dahme im Januar dieses Jahres konnte man einen Vorgeschmack davon bekommen, was uns erwartet.

Ich meine,  es wird Zeit gegenzusteuern. Der Erhalt der Natur ist wichtig. Doch wichtig ist auch der Erhalt des kulturellen und technischen Erbes. Und dazu gehören nicht nur Kathedralen oder denkmalgeschützte Industriebauten. Der Landwehrkanal in Berlin, der Finowkanal in Brandenburg und die vielen anderen kleineren Wasserverbindungen sind  bedeutende historische Bauwerke. Sie müssen erhalten werden – und zwar funktionstüchtig erhalten werden. Dann kann man sie ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß weiter nutzen: nämlich Schiffe darauf fahren lassen! Nur sind es eben nicht mehr die Lastkähne mit Ziegeln aus Zehdenick, sondern Ausflugsschiffe und Yachten mit Gästen aus aller Welt. So erhält man kulturelles und technisches Erbe auf natürliche und lebendige Weise.

Energie!

Mittwoch, März 30th, 2011

Das Dörfchen Eschenau bei Vellberg (Baden-Württemberg) hat grob geschätzt 30 Häuser und exakt zwei kleine Wasserkraftwerke. Das eine da, wo früher die Sägemühle war und das andere an der ehemaligen Kornmühle. Der Erbe des „Mühlen-Hans“ hat dort das Wasserrad durch eine Schneckenturbine ersetzen lassen, die 30 kW leistet. Alles bestens in die Landschaft eingepasst (die beiden Mühlen waren dort, so lange die Menschen zurückdenken können) und superökologisch. Sogar eine Fischtreppe ist da.

Mal angenommen die beiden Kraftwerke leisten zusammen durchschnittlich 50 kW, dann produzieren sie übers Jahr gerechnet 438.000 kWh Strom. Laut Wikipedia verbraucht ein 4-Personen-Haushalt in Deutschland durchschnittlich ca. 4.430 kWh im Jahr. Damit produziert Eschenau mit seinen beiden Miniturbinen Strom für knapp 100 Haushalte, also viel mehr als im Dorf verbraucht wird. Geht doch.