Posts Tagged ‘Seemannschaft’

Bis 15 PS führerscheinfrei?

Freitag, Januar 20th, 2012

Die Presse berichtet von Plänen, den Wassersport zu deregulieren, z.B. hier. Hauptvorschlag: die Leistungsgrenze, von der an ein Motorbootführerschein vorgeschrieben ist, soll erhöht werden. Von jetzt 5 PS auf 15 PS.

Es ist sicher nicht schlecht, unnötige Regulierungen im Wassersport zurückzunehmen. Z.B. wäre es eine gute Idee, wenn die überflüssige Kennzeichenpflicht für Sportboote wieder aufgehoben würde. Das Beispiel Holland zeigt, dass man bestens ohne auskommt.

Aber ausgerechnet die PS-Grenze heraufsetzen? Das ist idiotisch. Zunächst einmal ist es kurios, dass der Gesetzgeber sich an der veralteten Einheit PS orientieren soll, statt an den seit den 1970er Jahren weltweit verbindlichen SI-Einheiten. Das  wirft ein Schlaglicht auf die technische Einfalt derjenigen, die den Vorschlag erarbeitet haben. Viel wichtiger ist aber: Die Gefährlichkeit eines Fahrzeugs, auch eines Wasserfahrzeugs, hat nichts mit der Leistung zu tun! (Egal ob man sie nun in kW misst oder in PS.) Entscheidend ist die Geschwindigkeit! Ein  bisschen Physik für Politiker:

In Worten: Die Bewegungsenergie ist gleich dem Produkt aus halber Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit. Ein Rechenbeispiel: Die kinetische Energie eines gleitfähigen Motorboots, das z.B. 300 kg wiegt, und mit seinem 15-PS-Außenborder 40 km/h schnell fährt, beträgt 18.500 Nm (Newton mal Meter). Zum Vergleich: Die Verdränger-Sloep mit 30 PS, die 1.000 kg wiegt und mit  12 km/h fährt, hat eine Bewegungsenergie von 5.500 Nm. Weniger als ein Drittel! Für welches Boot sollte man wohl eher einen Führerschein vorschreiben, liebe Politiker?

Wer bezweifelt, dass ein Motorboot mit 15 PS überhaupt so schnell fahren kann, kann sich ja mal ein paar Videos reinziehen. Z.B. dieses oder dieses.

Die holländischen Kollegen haben im Physik-Unterricht besser aufgepasst. Dort sind alle Boote mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 20 km/h führerscheinfrei. Das macht Sinn!

Nun, eine Hoffnung bleibt: Der 15 PS-Vorschlag wird offenbar vor allem von der FDP gefördert. Und die Kanzlerin hat immerhin Physik studiert. Vielleicht gibt sie ihrem Koalitionspartner mal wieder ein bisschen Nachhilfe.

Update 22.01.:
Ich habe ein Paper an den Verkehrsausschuss des Bundestags geschickt: http://dl.dropbox.com/u/23667419/Geschwindigkeitsgrenze_statt_PS-Grenze.pdf

Die Segler wieder …

Mittwoch, Januar 11th, 2012

Bobby Schenk, der große Fahrtensegler, spricht mir aus der Seele:

http://www.yacht.de/schenk/n004/inwind07.html

und

http://www.yacht.de/schenk/n004/kosmos.html

Bei dem zweiten Artikel komme ich auch über die Yacht ins Grübeln. Nicht übel, oder? Und im Vergleich dazu, was sie bietet, auch nicht übermäßig teuer. (Danke an Julian B. für den Tipp)

Begegnung mit der Obrigkeit

Mittwoch, Oktober 26th, 2011

Gastbeitrag von JuG

… (unterwegs mit EDMOND DANTES am vergangenen Samstag in Höhe Berlin-Treptower Park).

„Warum sind hier soviel Ruderer in durchaus geordneten Verbänden unterwegs?! Höllisches Aufpassen ist angesagt, gottlob ist hier viel Platz nach rechts“ sagten wir uns.

Die Antwort kam postwendend per Megafon von achtern: „Die kleine Motorjacht vor der WSP stoppt bitte sofort auf und geht längsseits der WSP“.

Wir haben echt einen gehörigen Schrecken bekommen, als das Wasserschutzpolizeiboot sehr sehr schnell mit Blaulicht und roter Flagge aufkam und schließlich an EDDY festmachte; voller Schweißausbruch beim Skipper, denn natürlich waren wir wieder viel zu schnell unterwegs und dachten, es gehe um Geschwindigkeitsübertretung !!!

Kurzum: Von einer „schon länger angekündigten Regatta“ wussten wir nichts  (kannten auch keine eventuelle ELWIS-Meldung hierzu), das vor einem Schubleichter liegende WSP-Boot einschließlich roter Flagge [Streckensperrung] haben wir aufgrund der Ruderer-Ausweichmanöver schlichtweg übersehen und dafür letztlich nur eine leichte Belehrung durch echt nette Beamte kassiert; dann am Leichter vor der WSP festgemacht und gut 1 ½ Stunden abgewartet, erst dann durften wir endlich weiter.

Jetzt einige Tage später sieht der Skipper das längst relaxter und ist echt froh, dass seine einpersonige weibliche Mannschaft die WSP-Beamten mit totaler Unschuldsmine davon überzeugen konnte, dass wir in der gegebenen Situation die behördliche Anordnung „gar nicht wahrnehmen konnten“.

Letztendliches FAZIT:  Sagt die WSP: „Bitte kommen Sie längsseits der WSP“ bedeutet das: „Die WSP kommt längsseits bei Euch“, also aufstoppen, beidrehen und in aller Ruhe abwarten – alles wird gut.

Nebel

Samstag, Oktober 15th, 2011
Uuups! Gerade noch gesehen! Das war knapp.

Uuups! Gerade noch gesehen! Das war knapp.

Merke: Nie bei Nebel ablegen.

Was weht denn da?

Freitag, Februar 25th, 2011

Gastbeitrag von Gunther

Inspiriert durch die Fotos der Törns meines Nachbarn [Patentinhaber und fährt ausschließlich buten] habe ich mich dem Thema „Flaggenführung“ zugewandt und ordentlich durchgegoogelt.

Nachdem ich für mein persönliches Anliegen nichts Entscheidendes fand, wandte ich mich mit folgender Frage an den Deutschen Motoryacht Verband (DMYV):

„Hallo, ich bin regelmäßiger Charterer einer Yacht, deren Eigentümer in Berlin leben und deren Boot auch in Berlin zugelassen ist. Als Gösch (Bugflagge) trägt dieses Boot den Firmenwimpel der Charterfirma.

Spricht es gegen die „Regeln guter Seemannschaft“, das Flaggenrechtsgesetz o.ä., wenn ich für die Dauer der Charter die Bugflagge gegen eine Gösch MEINES Heimatortes Hamburg austausche? Das Boot wird während meiner Charter ausschließlich binnen eingesetzt. Vielen Dank für Ihre Antwort!“

Die Antwort kam postwendend: „Schauen Sie sich unseren Flyer an, Weiteres zum Thema ist uns nicht bekannt.“ Tja den Flyer kann man sich ansehen und zur konkreten Frage nichts finden; soweit war ich auch schon.

Gleiche Anfrage an den Deutschen Segler Verband (DSV) und hier die Antwort:

„Gegen das Führen der Hamburger Flagge als Gösch auf einem Berliner Fahrzeug wird wohl niemand etwas haben – guter Seemannschaft entspricht es nicht.“ Das Ganze ohne Quellennnachweis [wohl eher Bauchgefühl], also letztlich auch nicht so recht verwertbar!

Da ich in den „Regularien“ von Anna-Blume–Charter“ nichts Gegenteiliges zum Thema fand, habe ich in sogleich erstmal einen Flaggenstock in wunderbarem unbehandeltem Teak (Länge 50 cm bei 20 mm Durchmesser) gekauft, eine kleine Hamburg-Gösch (30×20 cm) daran befestigt und mit Kabelbindern gesichert [eigentlich jedoch war der handwerkliche Part bei meiner Frau!].

Die stolze Flagge der Hansestadt - bald am Bug der Anna Karenina!

Die stolze Flagge der Hansestadt - bald am Bug der Anna Karenina!

Dieses kleine rote Teil wird uns ab sofort auf den weiteren Reisen mit unserem Lieblingsanbieter begleiten, deutlich zu sehen sein; und wir warten mit Spannung auf die „Rennleitung“, die uns nach allem die möglicherweise unlautere Flaggenführung erstmal nachweisen muss.

Anmerkung von Hansjörg:

Die Heckflagge ist unseres Wissens die einzige, für die sich die Wasserschutzpolizei interessieren könnte – wenn sie nichts besseres zu tun hat. Von uns aus kann jeder Chartergast die Flaggen führen, die er möchte. Wir haben volles Verständnis, wenn jemand ohne Gösch oder mit irgendeiner anderen Bugflagge fährt. (Solange diese nicht gegen Gesetze oder die guten Sitten verstößt, aber das versteht sich ja von selbst.) Hamburger, Bremer oder sonstige Regionalflaggen: immer gerne. Die Kinder möchten die Piratenflagge an der Saling führen? Bitte sehr. Und wenn ein niederländischer Gast unbedingt seine Flagge am Heck setzen will (die Holländer lieben bekanntlich groooße Flaggen), muss er schlimmstenfalls halt das Bußgeld selber zahlen. Gute Seemannschaft zeigt sich unserer Auffassung nach eher durch Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft als durch korrekte Flaggenführung.

Charter-Manieren

Freitag, Dezember 3rd, 2010

Unter manchen Bootseignern gehört es zum guten Ton, sich über Chartercrews, vor allem der großen Hausboote, auszulassen: Wie  sich der 15 m – Dampfer in der Schleuse quer gestellt hat, wie das Anlegemanöver dreimal hintereinander missglückt ist usw. usw. Mal abgesehen davon, dass das langweilig ist, es trifft es auch nicht den Kern. Natürlich bauen ungeübte Bootfahrer öfter mal Mist als erfahrene, obwohl … ich habe gehört, selbst ein erfahrener Skipper und Mitinhaber einer beliebten Berliner Charterfirmal soll schon mal mit angeschlossenem Landstromkabel abgelegt haben (hüstel) … Und dann gibt es – z.B. unter unseren Gästen – auch viele Charterer, die absolut souverän mit dem Boot umgehen können.

Wenn wir selbst mit dem Boot unterwegs sind, fahren wir meistens im Berliner Raum oder im Südosten Brandenburgs – was ja auch ein besonders schönes Revier ist. Vor kurzem hatten wir aber mal wieder Gelegenheit, von Rheinsberg nach Fürstenberg zu fahren. Da fiel uns zweierlei auf: Erstens ist da im Vergleich zum Südosten auch im September noch richtig Betrieb, wobei der Anteil der Charterboote besonders hoch ist. Zweitens scheint der Umgang zwischen den Skippern höflicher und freundlicher zu sein als anderswo.

Das fängt schon mal damit an, dass fast von jedem Boot, dem man begegnet, freundlich gegrüßt wird. Am ehesten schauen noch die Yachteigner vom Typus „Bauch-Bierflasche-Jogginghose“ stur geradeaus und ignorieren das Kroppzeug, das ihnen mit anderen Booten begegnet.  Den meisten anderen merkt man aber die Freude daran an, dass sie mit dem Boot  fahren und die Schönheit der Wasserlandschaft genießen dürfen. Und das wirkt sich aus:  Mit noch größerer Selbstverständlichkeit wird geholfen, wird beim Anlegen mit Hand angelegt, wird in der Schleuse auch mal der Vortritt gelassen – kurzum, es haben sich bessere Manieren durchgesetzt.

Ich wage die These, dass das daran liegt, dass dort mehr Chartercrews unterwegs sind. Dadurch sind die Berlin/Brandenburger Motorbootstoffel alten Typs (s.o.) in die Minderheit geraten, was der Atmosphäre gut tut. Und wenn sich doch mal ein Hausboot mit überforderter Crew in der Schleuse querzustellen droht: Man kann ja beherzt zugreifen und hilfreich eine Leine übernehmen. So macht man sich Freunde.

Spree-Rambos

Montag, September 20th, 2010

Neulich auf der Spree: Ich fahre mit Lucia und vier zahlenden Gästen stromaufwärts Richtung Innenstadt, immer schön in  der rechten Hälfte des Fahrwassers. Geschwindigkeit – vorsichtig ausgedrückt –  stramm am oberen Rand des Zulässigen. Trotzdem und trotz Gegenverkehrs anderer Ausflugsschiffe, beginnt ein Dampfer links zu überholen. Schön, weichen wir eben noch ein bisschen weiter nach Steuerbord aus. Die Geschwindigkeitsdifferenz ist gering, langsam schiebt sich der Dampfer (mit ziemlich geringem Abstand) seitlich vorbei.

Und dann – er hat uns gerade etwa zu  Zweidrittel passiert – wird er plötzlich langsamer und ein Matrose gibt Zeichen, dass er an der Steuerbordseite anlegen will.  Was macht man in der Situation? Hebel auf den Tisch und Gefahr laufen, zwischen Dampfer und Steg eingeklemmt zu werden? Oder Gas weg und dann  in scharfem Linksbogen hinter dem Heck des Ausflugsschiffes ausscheren? Ich habe mich für letzteres entschieden, was auch problemlos geklappt hat. Aber ich frage mich, was passiert wäre, wenn ich mit einem kleinen 300 kg-Boot und 10 PS- Außenborder versucht hätte, durch das immer noch  kabbelige Kielwasser des Schiffs zu pflügen,  statt mit einer kräftigen und stabilen Sloep.

Sicher, die Kapitäne der Ausflugsschiffe sind im Stress und müssen einen Fahrplan einhalten. Und ja, die Freizeitskipper stellen sich manchmal dusslig an und sind mit ihren Yachten und Sportbooten tierisch im Weg. Trotzdem: Muss deshalb gleich Anstand, Rücksicht und gute Seemannschaft über Bord geworfen werden?

Mit den  Profikollegen der Frachtschiffe, die mit ihren Riesenpötten sicher nicht weniger Stress haben, haben wir hingegen bisher überwiegend gute Erfahrungen gemacht. Da wird man schon mal in der Schleuse nach vorne gewunken oder – wenn wir hinter ihm stehen – gibt der Skipper ein Warnzeichen, bevor er seinen Propeller drehen lässt. Geht doch. Nur bei einigen Berliner Ausflugsschiff-Kapitänen ist offenbar noch nicht angekommen, dass man mit Freundlichkeit und Kooperation weiterkommt als mit Rambo-Manieren.

Segler und Motorbootfahrer

Sonntag, Mai 16th, 2010

Ich muss mich jetzt mal outen: Ich bin ein Segler. „Was, wieso, ihr habt doch Motorboote im Angebot?!“ Stimmt, und Kajütbootfahren oder sloepen finde ich toll. Aber mit meiner kleinen Segeljolle (übrigens ein Finn-Dinghy, ja)  über den See zu schippern, ist ebenfalls ein großes Vergnügen. Ich verrate  euch ein Geheimnis: Man kann tatsächlich beides gut finden, ohne tot umzufallen.

Und ich setze noch einen drauf: Die meisten Leute, die Motorboot fahren, sind vorsichtig und rücksichtsvoll und wissen was sie tun . Und die meisten Segler sind freundlich, hilfsbereit und kommunikativ.

Warum erzähle ich hier solche Plattheiten? Weil wir in Deutschland  einen Hang zum Ideologisieren haben. Eine verhältnismäßig unwichtige Frage, nämlich welche Bootsart man bevorzugt, wird zur Identität hochgespielt. Bei Landverkehrsmitteln ist das noch viel schlimmer, wenn ich an das Gehabe zwischen Radfahrern und Autofahrern denke. Ich bin fast sicher, zwischen – sagen wir – Skifahrern und Snowboardern oder Keglern und Bowlern (das ist doch nicht ganz das Selbe, oder?)  gibt es ähnliche Aversionen.

Die niederländischen Segler (jedenfalls die meisten) kämen gar nicht auf die Idee, auf Motorbootfahrer herunterzuschauen und ihnen schlechtere Seemannschaft zu unterstellen. Und die niederländischen Motorbootfahrer (jedenfalls die meisten) halten Segler nicht für arrogante Schnösel.

Vielleicht können wir da was von unserem kleinen Nachbarland mit der großen Seefahrertradition lernen?